Impulskontrolle als zentrales Thema

Nachdem ich dieses Video http://www.youtube.com/watch?v=rBh6Mya6sOk von Prof. Hüther gesehen habe, fiel mir auf, dass die Steuerung der Impulskontrolle ein viel zentraleres Thema ist, als ich bisher dachte. In meinen Vorträgen über Onlinemobbing erwähne ich zwar immer, dass Jugendliche nun mal ein Problem mit der Impulskontrolle haben und deshalb manchmal Sachen machen, die sie später bereuen, (und man sie deshalb nicht als dumm hinstellen sollte, sondern Verständnis zeigen muss) aber wie weitreichend das Problem ist, war mir zuvor nicht bewusst.

Viele Probleme, die mit der digitalen Welt in Zusammenhang gebracht werden (ADHS, Mediensucht, Onlinemobbing) hängen eng mit der Impulskontrolle bzw. dem Verlust dieser zusammen. Lassen sie mich dies kurz für den Bereich des Onlinemobbings ausführen:

Werde ich beispielsweise im Jugendalter von dem Typen, in den alle verliebt sind, aufgefordert, ihm doch Nacktfotos zu schicken – mit dem Versprechen, dass er dann etwas mit mir anfängt- kann eine Störung der Impulskontrolle verehrend sein. Die Handlung an sich ist dank moderner Technik (zwei Mausklicks) in wenigen Sekunden vollzogen- die Folgen sind nicht kontrollierbar. Der greifbare Lustgewinn steht hier einer abstrakten Gefahr (Missbrauch der Bilder) gegenüber. Gibt man nun dem ersten Impuls nach, hat man das weitere Geschehen aus der Hand gegeben. Ähnliches könnte man für die hohe Anzahl der Beleidigungen im Netz annehmen. Wenn man ein „lustiges“ Bild sieht, ist man versucht schnell das darunter zu schreiben, was einem beim ersten Betrachten des Bildes durch den Kopf geht. Das kann eben auch ein böser Kommentar sein. Hat man sich über einen Mitschüler geärgert und landet auf seinem Facebookprofil liegt es nahe, ihn oder sie online schnell noch zu beleidigen um sich zu rächen. Viele dieser auf den ersten Blick sehr gemein erscheinenden Handlungen sind Handlungen, die ohne das nötige Nachdenken aus einem spontanen Impuls heraus durchgeführt werden. Dem Ärger wird Luft gemacht – damit ist das eigene Wohlbefinden erst mal wieder hergestellt. Hinzu kommt, dass online die soziale Kontrolle zunächst einmal nicht spürbar ist, was sich wiederrum auf die Impulskontrolle auswirkt. Ohne die soziale Kontrolle bin ich allein für meine Impulse verantwortlich, kein anderer kann mich durch sein Eingreifen in der Ausführung der spontanen Reaktionen stoppen. Die Folgen dieses Handelns werden oft erst später sichtbar. Viele Mobbingakteure bereuen ihre Taten später – doch dann ist es oft schon zu spät. Andere sind eingestiegen und man kann die Mobbingspirale nicht ohne weiteres wieder stoppen. Vor allem nicht ohne zuzugeben selbst etwas Falsches getan zu haben.

Herr Prof. Hühter berichtet davon, dass Kinder kaum mehr eine Chance haben zu zeigen, dass sie etwas können und dass sie wichtig sind. In den virtuellen Welten können sie genau dies. Im Computerspiel ist man mächtig, bei Facebook bekomme ich „Likes“ wenn ich Bilder oder Texte poste. Das Selbstwirksamkeitserleben ist viel höher und greifbarer – einfacher zu erlangen als es die „offline“ Welt oft bietet.

Vielleicht sollten wir deshalb darüber nachdenken, ob eine gezielte Prävention von ADHS, Onlinemobbing und Mediensucht das Erlernen der Impulskontrolle langfristig zum Ziel haben muss und wir diesen Aspekt viel mehr in den Fokus pädagogischen Handelns rücken müssen. Außerdem sollten wir den Kindern und Jugendlichen mehr zeigen, dass sie etwas können und sie auch im „offline“ Leben die nötigen Erfahrungen machen können.

Interessant daran ist übrigens, dass man diese positiven fördernden Erfahrungen auch super mit medienpraktischen Projekten machen kann.

 

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